Werft euren Zeitplan über den Haufen - über die falsche Zeitrechnung am Tag der Hochzeit


Da meine Arbeitsweise darin besteht, den gesamten Hochzeitstag festzuhalten und die Videos so zusammenzustellen, dass sie dem Brautpaar auch in 30 Jahren noch zweigen, wie toll der Tag war, lege ich viel Wert auf eine genaue Vorbesprechung. Ich kann nämlich nicht darauf hoffen, ein paar gute Aufnahmen zu bekommen, die für ein 10 Minuten Video reichen. Meine Aufnahmen müssen den ganzen Tag über gut sein. Klar, ich schneide auch von jeder Hochzeit ein Best of zusammen, aber eben nicht nur. Die restlichen Aufnahmen gibt es trotzdem als Zusammenschnitt von Vor der Trauung, Trauung, Agape, Feier. Deswegen gibt es eben diese genaue Vorbesprechung inklusive Locationbesichtigung und Ablaufbesprechung.

Bei der Ablaufbesprechung vertrauen einige Brautpaare dann sogar auf meine Erfahrung. Oft werde ich gefragt, ob der Zeitplan so richtig ist. Kein Brautpaar will eine Hochzeit, bei der sich die Gäste auf einer zu langen Agape fadisieren. Gerade deshalb machen sie immer den Fehler, den Zeitplan zu knapp zu bemessen.


Ich habe in all den Jahren erst eine Hochzeit erlebt, bei der sich das Essen vor 19 Uhr ausgegangen ist. Der Zeitplan verschiebt sich immer nach hinten. Denn der Fehler wird bereits bei der Trauung gemacht. Wie oft habe ich schon gehört: „Die Trauung dauert eine Stunde.“ Ich weiß nicht, ob diese Information der Pfarrer falsch weitergibt, oder ob das einfach so ist, dass man annimmt, dass eine Messe eine Stunde dauert. Ich habe noch nie eine Trauung erlebt, die eine Stunde gedauert hat. Meine Erfahrung lautet wie folgt:
  • Standesamtliche Trauung 20 – 25 Minuten
  • kirchliche Trauung ohne Wandlung und Kommunion 45 Min
  • kirchliche Trauung mit Gabenbereitung 1 H 10 Minuten (Minimum)
Im Prinzip kann ich die Uhr danach stellen. Außerdem beginnt nichts pünktlich. Also können zu diesen Zeiten ruhig noch 5 Minuten hinzu gerechnet werden. Ich habe bis jetzt erst eine Hochzeit erlebt, die auf die Minute genau begonnen hat. Dagegen aber zwei, die sogar 30 Minuten zu spät angefangen haben.

Also beginnt die Verspätung im Zeitplan bereits beim Einzug in die Kirche. Richtig aus dem Ruder läuft es dann bei der Gabenbereitung. Spätestens da könnt ihr euch sicher sein, alles mindestens eine halbe Stunde verschieben zu müssen. 


Nach der Trauung will dem Brautpaar gratuliert werden. Hier dauert die Gratulation der Gäste im Durchschnitt 17 – 20 Minuten, die der Brautschauer ist unterschiedlich. Von 5 Minuten bis zu 50 Minuten war alles schon dabei. Und jetzt ehrlich, wer von euch rechnet bei den Gratulationen mit einer Dauer von einer Stunde? Eben, niemand. Wobei ihr könnt es abschätzen. Seid ihr ein gut integriertes Brautpaar mit Teilnahme an Feuerwehr, Blasmusik und Fußballverein wisst ihr doch schon längst, dass genug Gratulanten auf euch warten und jeder einmal die Braut küssen möchte ;). Die richtigen Brautschauer, die ihr vielleicht gar nicht kennt, brauchen für die Gratulationen außerdem länger, da sie gerne mit herzlichen Anekdoten erklären wieso sie jetzt bei euch stehen und euch gratulieren.
Doch auch wenn die Gratulationen eine Stunde dauern, ist die Agape danach noch nicht vorbei. Es warten Spiele, ein paar schnelle Handyfotos und eventuell sogar noch das Pärchenshooting in einem nahegelegenen Park oder einer Kellergasse. Und das obwohl es wahrscheinlich schon ungefähr 17 Uhr ist – falls die Trauung um 14 Uhr begonnen hat. 


Die Fotografen sagen gerne, dass das Fotografieren nur 30 Minuten dauert. Vergesst diese Aussage. Ihr shootet mindestens 5 Motive, zu jedem Motiv müsst ihr hingehen, euch positionieren, den Anweisungen des Fotografen folgen – für Laien gar nicht so leicht – und dann wird erst fotografiert. Also 45 Minuten dauert das schon meistens, oder sagen wir im Normalfalls. Keiner ist 60 Minuten fotografieren – aber es ist eben auch niemand 30 Minuten fotografieren. Danach geht es aber endlich zurück zur Agape. Alle Gäste zusammentrommeln, zu den Autos bringen und im Konvoi aufstellen bitte. Irgendwann um 18:30 hat man es endlich zur Tafel geschafft. Nur vor dem Essen fehlt noch etwas – die Familienfotos. Die gehen merkwürdigerweise immer sehr schnell. Vielleicht weil alle schon zum Essen wollen und niemand Lust hat, die ganze Sache in die Länge zu ziehen. So beginnt das Essen eigentlich immer um 19 Uhr. Einmal sind wir erst um 20:30 bei der Tafel gesessen. Aber das war auch eine sehr kurzweilige Agape, da war das nur für den Wirten schlimm, der das Essen warm halten muss, ohne dass es sich verkocht. Ansonsten geht sich 19 Uhr immer aus, früher allerdings nie. 


Weshalb ich gleich zum nächsten Punkt komme, dem Eröffnungstanz. Rechnet bitte nicht damit, dass die Band um 20 Uhr anfängt. Da wird noch gegessen, immer. Wie oft habe ich schon während meinem Schnitzel auf die Uhr geblickt und gedacht: „Hm, jetzt sollte eigentlich die Band anfangen.“ Die Bandmitglieder wissen das aber ebenso. Die nehmen es nämlich immer sehr gelassen. Kein Wunder, werden sie ja trotzdem für Beginn 20 Uhr bezahlt.

Aber es gibt Hoffnung. Egal wie sehr sich alles verspätet. Ein Punkt ist immer fix. Die Torte um 22 Uhr. Sie steht so auf dem Plan und sie wird Punkt 22 Uhr angeschnitten. Ich weiß nicht wieso, aber der Tortenanschnitt hatte noch nie Verspätung.

Alles was danach kommt, unterliegt wieder der Regel, dass der Zeitplan bei einer Hochzeit einfach nicht haltbar ist. Sogar wenn das bedeutet, dass ich um 3:30 filme, wie das Kranzl abgenommen wird.


Als zusammenfassender Überblick bei einer durchschnittlichen, kirchlichen Hochzeit nach meinen persönlichen Erfahrungswerten:

14 – 15:15 Uhr Trauung
15:17 – 16:40 Uhr Gratulationen und Spiele bei der Agape
16:40 – 17:35 Uhr Fotografieren (ohne Fahrtweg)
17:35 – 17:45 Uhr Aufstellen zum Konvoi
18:10 – 19:00 Uhr Ankunft bei der Hochzeitstafel, Sektempfang, Familienfotos
19:00 – 20:30 Uhr Essen
21:00 Uhr Eröffnungstanz
22:00 Uhr Anschnitt Hochzeitstorte
23:15 Uhr Brautverzahn
24:10 Uhr Eine gute Band macht das Kranzl abnehmen um Mitternacht

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